Polizeigewalt bei Gedenken an NSU-Opfer

Am 17.02.2024 fuhren zwei Busse zum Gedenken an den vom NSU ermordeten Mehmet Turgut durch Mecklenburg-Vorpommern zu Orten rechter Gewalt. Auf dem Rückweg nach Rostock wurden sie von Polizeieinheiten gestürmt.

Verlauf der Bustour


26.02.24 Mecklenburg-Vorpommern

Die Bustour am 17.02. zum Gedenken an Mehmet Turgut führte die Teilnehmer:innen mit zwei Bussen von Rostock aus zuerst nach Püschow. Hier kontaktierte der lokal ansässige Neonazi und NSU-Unterstützer David Petereit mutmaßlich die Polizei und verfolgte den Bus. Die Aussage des Nazis über eine angebliche Sachbeschädigung schien der Polizei auszureichen, um ein Großaufgebot inklusive Hubschrauber auf die Busse anzusetzen. Diese wurden schließlich angehalten. Da nach über einer Stunde noch immer keine Gründe von der Polizei für das Stoppen genannt werden konnten, mussten die Busse wieder fahren gelassen werden. Bereits hier zeigte die Polizei ihr entwürdigendes Verhalten, so mussten die Teilnehmer:innen nicht nur diskutieren, um auf die Toilette zu dürfen, die Beamt:innen bestanden auch auf durchgehenden Blickkontakt, als die Tourteilnehmer:innen diese schließlich aufsuchten. Die Busse fuhren anschließend nach Güstrow und Schwerin, wo es zu keinen weiteren Zwischenfällen kam.

Polizei stürmt Busse


Auf dem Rückweg nach Rostock wurden die Busse von Polizeiwagen umringt und auf den Parkplatz Pröbbower See Ost abgedrängt. Hier wartete bereits ein Großaufgebot von Beamten inklusive Wasserwerfern.
Nach kurzer Zeit stürmten Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten aus Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein die Busse, nannten hierfür aber keine Gründe. Dabei wurde eine Busfahrerin durch massive Polizeigewalt aus dem Bus entfernt.
Die Polizist:innen forderten die Insassen schließlich unter Androhung körperlichen Zwangs dazu auf eine Stresshaltung einzunehmen, in welcher diese über die Dauer der Maßnahme verweilen mussten. Währenddessen kam es wiederholt zu Gewaltandrohungen, Geschrei und Schlägen gegen die Sitze.
Zur Identitätsfeststellung und Leibesvisitation mussten die Tourteilnehmer:innen die Busse einzeln verlassen. Als sich Teilnehmer:innen die Telefonnummer einer Anwältin notieren wollten, wurden es ihnen verboten.
Die Polizei nannte zu diesem Zeitpunkt noch immer keine eindeutige Begründung für ihr Vorgehen. Auf Nachfrage wurden wiederholt widersprüchliche Gründe genannt.
Die Leibesvisitationen liefen unterschiedlich ab. Während einige Teilnehmer:innen der Bustour nur oberflächlich abgetastet wurden, mussten andere Stresshaltungen einnehmen, Kleidungstücke und Schuhe ausziehen oder sich einer intensiven Abtastung in Schritt und Brustbereich unterziehen lassen. Auch hier durften die Toilettengänge wieder nur unter polizeilicher Begleitung und mit geöffneter Tür unter den Augen der Beamt:innen stattfinden.
Die Businsassen wurden anschließend in zwei Polizeikessel abseits der Busse gebracht. Währenddessen wurden die Busse von der Polizei durchsucht, ohne dass Zeug:innen dazu geholt wurden. Hier wurden angeblich nicht erlaubte Gegenstände gefunden.
Erst nach drei Stunden wurde die Maßnahme beendet und die Busse durften weiterfahren.

Wir fordern Aufklärung



Die linksjugend [‘solid] Mecklenburg-Vorpommern verurteilt das polizeiliche Vorgehen am 17. Februar gegen die Bustour zum Gedenken an Mehmet Turgut auf’s Schärfste. Das Stürmen der Busse einer Gedenkveranstaltung für ein Opfer des NSU durch ein überzogenes Aufgebot von mehreren BFE-Einheiten, zwei Wasserwerfern und weiteren Bereitschaftspolizist:innen, ist exemplarisch für ein repressives Staatswesen, welche sich nicht nur nicht mit der eigenen Rolle im NSU-Komplex beschäftigt, sondern Aufklärung und Gedenken aktiv verhindert. Insbesondere in einer Rot-Roten Landesregierung, wie Mecklenburg-Vorpommern sie hat, sollte das Gedenken an Opfer von Naziterror ohne staatliche Repressionen stattfinden können.

Wir fordern alle parlamentarischen Vertreter:innen, für die Antifaschismus nicht nur ein Lippenbekenntnis ist, dazu auf, für Aufklärung zu sorgen: Sowohl über den Vorfall am 17. Februar, als auch über die Verstrickung von Staat und Neonaziszene im Allgemeinen.

Bei weiteren Fragen kontaktieren Sie bitte Marie Kamischke (Stellvertretende Landesvorsitzende) unter der E-Mail-Adresse: info@linksjugend-mv.de