Aktuelles aus Stralsund

Statement der Linksjugend [‘solid] Stralsund zum Friedensbündnis Stralsund:

„Frieden kennt keine Brandmauer.“Bernd Buxbaum, Friedensbündnis Stralsund und Mitglied im Stadtvorstand Die Linke Stralsund,
31.03.2025


In den vergangenen Monaten haben wir als Linksjugend [‘solid] Stralsund wiederholt solche und ähnliche Aussagen aus dem Friedensbündnis Stralsund gehört. Wir möchten hier erklären, warum wir uns als unabhängiger Jugendverband klar gegen eine Zusammenarbeit mit diesem Bündnis positionieren und warum uns die aktuelle Debatte in der Stadt besonders alarmiert.

Was ist das Friedensbündnis?

Das Friedensbündnis beschreibt sich selbst als überparteilichen und überkonfessionellen Zusammenschluss von Einzelpersonen und Organisationen. Es bekennt sich zu Frieden, Freiheit, Gewaltfreiheit, Umweltschutz, Abrüstung, einem Verbot von Waffenexporten und
der Suche nach diplomatischen Lösungen.
(Quelle: stralsunder-friedensbuendnis.de)

Das klingt zunächst unterstützenswert. Doch hinter diesen Worten stehen Haltungen und Praktiken, die aus unserer Sicht nicht mit einem konsequenten, progressiven Friedensverständnis vereinbar sind.

Unsere Kritik am Friedensbündnis

1. Verharmlosung der AfD:

Im Bündnis gibt es Stimmen, die meinen, AfD-Mitglieder könnten durch gemeinsame Friedensarbeit „rehabilitiert“ werden. Gleichzeitig fehlt eine klare Abgrenzung von den rassistischen, antisemitischen und antifeministischen Positionen dieser Partei. Die Aussage des Stadtverbandsvorsitzenden der Linken, Bernd Buxbaum „Frieden kennt keine Brandmauer“, verdeutlicht die problematische Beliebigkeit dieser Haltung. Frieden darf kein Selbstzweck sein, bei dem marginalisierte Gruppen übersehen oder geopfert werden. Frieden ohne Antifaschismus, Antirassismus und Queerfeminismus ist kein Frieden für alle. Wer es
ernst meint mit dem Einsatz für eine gerechtere Welt, darf hier keine Kompromisse machen.

2. Unkritische Haltung gegenüber Russland:

Das Bündnis erkennt den Krieg in der Ukraine zwar als Problem an, schiebt die Verantwortung dafür aber fast ausschließlich der Ukraine und der NATO zu, während es die autoritäre Politik Russlands und den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg verharmlost. Historische Bezüge auf die Rolle der Sowjetunion bei der Befreiung Deutschlands im Zweiten Weltkrieg werden genutzt, um aktuelle Menschenrechtsverletzungen zu
relativieren und Russlands Kriegspolitik schönzureden. Immer wieder wird suggeriert, die Ukraine müsse für den Frieden eigene Gebiete aufgeben und sich russischer Vorherrschaft beugen. Das Recht auf Selbstverteidigung wird dabei geleugnet.
Zusätzlich werden problematische Narrative wie die Verharmlosung der DDR bedient, etwa durch die Behauptung, es habe „nie einen Schießbefehl“ gegeben und daher auch „keine Mauertoten“. Kritik an Russland oder der Sowjetunion wird regelmäßig pauschal als „russophob“ abgetan, um kritische Stimmen zu delegitimieren und sie als rassistisch zu
diffamieren. Aus unserer Sicht ist diese Haltung nicht nur politisch naiv, sondern gefährlich, gerade für eine Bewegung, die sich selbst als Friedensbündnis bezeichnet.

3. Respektloser und adultistischer Umgang mit jungen Aktivisti:

Obwohl das Friedensbündnis derzeit Räume und Ressourcen der Linken Stralsund nutzt, vor allem, weil einzelne Mitglieder der Linken dort aktiv sind, scheut es sich nicht, die Partei öffentlich als „Kriegstreiberpartei“ zu diffamieren, oft mit Verweis auf die Abstimmungen einzelner Abgeordneter.
Uns als Mitgliedern der Linksjugend [‘solid] Stralsund wurde bei Treffen des Stadtvorstands der Linken und des Friedensbündnisses wiederholt der Respekt verweigert. Wir wurden an den Rand gedrängt, uns wurde das Stellen von Fragen untersagt, und unsere Beteiligung war nur dann gefragt, wenn wir als Jugendverband für die Außenwirkung nützlich erschienen – etwa bei Petitionen, zu denen wir uns nicht positionieren sollten. Darüber hinaus wurde uns bei jeder Kritik an der DDR oder der aktuellen russischen Politik mangelndes Geschichtswissen unterstellt, verbunden mit dem Rat, „nicht der Mainstreampresse zu glauben“. Die Artikel, die uns daraufhin zugeschickt wurden, stammten häufig aus dem
Querdenkermilieu oder sogar aus Quellen wie der BILD-Zeitung, ein Widerspruch, der aus unserer Sicht bezeichnend ist.
Unsere Kritik wurde abgewertet, unsere Kompetenz infrage gestellt – nicht wegen der Inhalte, sondern allein aufgrund unseres Alters. Dieses adultistische Verhalten ist für uns nicht akzeptabel.

Reaktion auf aktuelle Angriffe aus der Partei

Einige von uns waren nicht als Jugendverband dort, sondern als Mitglieder der Linken. Sie haben ihre Perspektive eingebracht und auf Missstände hingewiesen. Kritik als „Hass“ zu diffamieren und Mitgliedern der Linken die Teilnahme an Vorstandssitzungen abzusprechen, zeigt eine tiefe Abwehrhaltung gegenüber notwendiger Selbstreflexion.
Uns pauschal politische Urteilskraft abzusprechen, ist adultistisch und widerspricht jedem demokratischen Anspruch. Noch vor unserer Gründung als Linksjugend ist uns im Umfeld der Linken so begegnet worden.
Mittlerweile erleben wir eine regelrechte Kampagne gegen uns: Wir werden bei unbeteiligten Mitgliedern der Linken als absolutes Feindbild dargestellt, es werden gezielt Hetzmails verschickt, und Genoss:innen werden morgens von unbekannten Nummern angerufen, um sie gegen
uns aufzustacheln.
Wir möchten an dieser Stelle auch klarstellen: Wir haben keinen „maoistischen Dirigenten“, der uns lenkt, wie uns im E-Mailverteiler von Siegfried Dienel vorgeworfen wird. Wir sind als junge Menschen
politisch gebildet, reflektiert und in der Lage, uns unsere eigene Meinung zu bilden. Unsere kritische Haltung zum Friedensbündnis ist kein Zufall, sondern das direkte Ergebnis der eigenen Erfahrungen, der getätigten Aussagen und des öffentlichen Auftretens des Bündnisses. Dass unsere Aussagen wiederholt verdreht werden, um sich selbst in eine Opferrolle zu stellen, betrachten wir als durchschaubares Muster und als Ausweichstrategie vor echter inhaltlicher Auseinandersetzung.

Unsere Konsequenzen

Die Linksjugend [‘solid] Stralsund hat sich entschieden, keine Zusammenarbeit mit dem Friedensbündnis Stralsund einzugehen oder zu unterstützen.

Wir fordern die Linke Stralsund und die Linke Vorpommern-Rügen auf, sich klar gegen das Friedensbündnis und gegen jede Verharmlosung der AfD zu positionieren und sich ernsthaft mit problematischen Personalien innerhalb der Partei auseinanderzusetzen.

Für uns gilt:

1. Antifaschismus bedeutet, sich eindeutig und öffentlich von rechtsextremen und faschistischen Kräften zu distanzieren.

2. Der Kampf gegen Rechts ist untrennbar mit sozialem Einsatz verbunden.

3. Friedensarbeit ohne Antifaschismus, Antirassismus, Queerfeminismus und Internationalismus ist keine Friedensarbeit, die diesen Namen verdient.

4. Respekt ist keine Einbahnstraße und muss allen Menschen, unabhängig von Alter oder Hintergrund, entgegengebracht werden.


Wir orientieren uns an einer Friedensbewegung, die demokratisch, antifaschistisch, queerfeministisch, internationalistisch und intersektional arbeitet und die ihre Verantwortung in der aktuellen Weltlage ernst nimmt. Wer diese Prinzipien teilt, findet in uns eine starke, kritische und
solidarische Bündnispartner:in, innerhalb und außerhalb der Partei.

Wir erwarten auch in Stralsund: eine klare antifaschistische Haltung, Respekt gegenüber jungen Stimmen und die Bereitschaft, sich kritisch mit den eigenen Strukturen auseinanderzusetzen.

Stralsund, 09.05.2025
Linksjugend [‘solid] Stralsund